Bin nebenan

Kollektiv_nebenan (2021)

Monologe für zuhause von Ingrid Lausund

Spiel & Regie: Katharina Heißenhuber, Christoph Rabeneck, Stephan Rumphorst und Jutta Seifert
Künstlerische Leitung &
Regie für Fernseher und Teekanne: Stephan Rumphorst

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW und des NRW Landesbüros Freie Darstellende Künste.

Pressestimmen

„Kleine Monologe mit großer Wirkung: „Bin nebenan“ wirkt nach! Sechs Monologe mit kurzen Titeln wie ‚Bett‘, ‚Bild‘, und ‚Bad‘ haben die Akteure im Gepäck. Zudem Gegenstände aus einem Zuhause, die für den einen von besonderem Wert sind und für den anderen eben nicht. Für die emanzipierte Dame (Katharina Heißenhuber) ist es die Teekanne, die als Bindeglied für den internationalen Dialog mit ihrer Nachbarin und „Putze“ -nein, natürlich „Haushaltshilfe“- dienen soll. Gemeinsam aus der türkischen, in Wirklichkeit jedoch nur orientalisch anmutenden Teekanne aus deutscher Edelmanufaktur, Tee zu trinken und der vermutlich hilfebedürftigen, vielleicht sogar unterdrückten Immigrantin unter die Arme zu greifen, strebt die deutsche Akademikerin in ihrer scheinbaren Überlegenheit an. Doch irgendwie passen Vorstellung und Realität nicht zusammen, schlussendlich steckt die Dame doch lieber ihre Nase in einen spannenden Roman, als weiterhin den sie frustrierenden Dialog mit der allzu durchsetzungsfähigen und patenten Türkin zu pflegen.

Es sind Wunschträume, um die sich die Monologe drehen: der Traum von der heilen Familie oder dem absoluten Wohlfühlfaktor des Bades im italienischen Palazzo-Design. Große und kleine Fantasien, wie sie sich jeder ausmalt. (…) Auf der anderen Seite kratzen die Monologe aber auch an Realitäten und Alltäglichkeiten, die man so gerne von sich wegschieben möchte. Mobbing, Hungersnöte und Krieg: reizt der eine Satz noch zu schallendem Lachen, bleibt es dem Zuschauer beim nächsten schon im Halse stecken und man fühlt sich ertappt, mit seinem eigenen Egoismus konfrontiert.

Die Schauspieler des Kollektiv_nebenan unterhalten nachhaltig mit minimaler Kulisse – wie mit einem Stuhl oder einem Martini-Glas und lassen nachdenklich zurück.“

Westfalenblatt

„Mit Tiefsinn und Humor in das Leben nebenan geschaut - Kleine Monologe, kreativ und wirkungsvoll in Szene gesetzt, begeisterten das Publikum in der ausverkauften Niedermühle Büren. Schauspieler und Regisseure Stephan Rumphorst und Christoph Rabeneck, Mitglieder des Kollektivs_Nebenan, hatten vier Stücke aus der Feder von Ingrid Lausund ausgesucht, die mit Scharfsinn und Humor in die Wohnungen und Leben ihrer Protagonisten schauen. „Esstisch, Fernseher, Bett, Sammeltasse“ – so skurril die Titel anmuten waren auch die Inszenierungen. Fokussiert auf weiße Bühne, minimale Requisiten und weißes Outfit konzentrierte sich alles meisterhaft auf Wort, Mimik und Gestik. Das Publikum durfte in die Wohnungen „nebenan“ schauen – Renovierungsversuche, die mit Gemütlichkeitsattrappen die Entfremdung und die zerbrochene Beziehung nicht heilen können. Temporeich und schräg präsentierte Christoph Rabeneck in „Fernseher“ männliches Machogehabe, das Freiheit verkörpern will und sich letztendlich doch wieder der regieführenden Liebsten „Küsschen“ zuwendet. Brüchige Lebensfundamente und die Sehnsucht nach Liebe, einem funktionierenden Zuhause und Lebens-Orientierung, alles in allem boten die Monologe einen Stoff, der nachwirkt und das Publikum bestens unterhalten hat.“

Neue Westfälische

"Es ist ein Wechselbad der Gefühle: Gerade noch schleicht sich ein leises Lachen über die Lippen. Schon im nächsten Moment wird es von einem Stirnrunzeln abgelöst, zuweilen von einer leichten Beklemmung. So richtig wohl will man sich an diesem Theaterabend nicht fühlen. Die Schauspieler des Ensembles Kollektiv_nebenan sind in guter Form. Ausdrucksstark und ohne Scheu vor Grenzerfahrungen auf der Bühne. (...) Meist beginnt es heiter: Dann steht Katharina Heissenhuber mit einem Martini und einem Zahnstocher voller Oliven auf der Bühne, sie erzählt von ihrer Reingungskraft Ayshe. Dabei bedient sie so viele Klischees, dass die Absurdität des Alltags immer wieder zum Schmunzeln sorgt. Die orientalische Teekanne entpuppt sich als nicht türkisch genug. Die 'antipauschalisierenden' Massnahmen arten meistens in weitere Probleme aus. Und das 'kulturelle Niemandsland' entpuppt sich als zu brenzlig. Trotz allem macht die Erzählung um den Kampf gegen kulturelle Vorurteile auch Spaß, nur ganz selten will einem das Kichern im Halse stecken bleiben. So ähnlich fällt die Gefühlslage auch bei Stephan Rumphorsts Monolog 'Esstisch' aus. (...) Hinter der schwärmenden Fassade wird spürbares Leid sichtbar. (...) Sechs Monologe haben die Darsteller im Gepäck - und neben denen, die zum Kichern einladen, gibt es auch jene, die den Kloß im Hals immer größer werden lassen. Dann richtet sich Jutta Seifert in ihrem Baadezimmer ein, träumt von italienischem Marmor (...) und während sich der Zuschauer leise nach der Relevanz dieses Selbstgespräch fragen will, wendet sich das Blatt plötzlich: Nicht mehr Kacheln sondern Flüchtlingsgeschichten werden Gegenstand des Monologs. 'Ich bade in 100 Litern Trinkwasser' sagt Seifert und zerschellt an dem Zwiespalt zwischen schlechtem Gewissen und dem Wunsch nach Luxus im Alltag. Die Leichtigkeit und das Kichern sind jetzt längst verschwunden - und haben der Ratlosigkeit Platz gemacht!"

Bergische Morgenpost / Rheinische Post